Dienstag, 5. Juni 2018

Feeling



Nach Wochen der Bewegung ist etwas wie Ruhe eingekehrt.

Der Reisende hat ein Zimmer, dass er in Gedanken schon „Zuhause“ nennt.
Er hat Kontakte geknüpft und sich Wege gesucht in der fremden Stadt.
Hat schon … aber das geht ja immer schnell … ein Lieblingscafé ausgesucht.
Eine Restaurant für den Abend und einen Platz um seine Kleider zu waschen.

Aber alles ist nur auf Zeit. Bei Beginn stand schon das Ende fest
Die Menschen und Orte und alle Dinge, die er nicht mitnehmen kann oder will
sind flüchtig. Er versucht sie fest zu halten, mit Gedanken, Worten und Photographien.
Die Gerüche und Gesichter, die Oberfläche dieser Stadt, ihre Geschichten sind jetzt ganz unmittelbar.
Doch wird der Tag kommen, dass all dies vergilbt, nur noch die Schemen sichtbar bleiben.


So bleibt etwas wie Einsamkeit zurück, eine Unverbindlichkeit, etwas Provisorisches.
Doch niemand scheint das zu bedauern, nicht die Reisebekanntschaften, noch der Reisende. 
Jeder bemüht um Freundlichkeit und etwas Geborgenheit füreinander, gar etwas Fürsorge, doch geht nie das eigene Ziel verloren, bleibt jeder auf seinem Gleis, streckt nur mal die Hand rüber. 

Es ist, als wenn der innerer Film über diese Reise plötzlich langsamer läuft, Details entstehen, werden sichtbarer und eindrücklich. Es ist nun nicht mehr egal ob jemand nett ist oder nicht.

Das „How are You?“ erweitert sich um ein „Do You slept well“ am Morgen und ein „How was Your day“ am Abend. Bis hin zur Buchhändlerin, der ich erzählen muss von wo nach wo die Reise geht und die mir Details über meine Fahrt mit der Fähre raussucht „Yea … there are microwaves on board, so You can bring Your own food with You“ … und mir dann noch eine Ansichtskarte schenkt.

Der Koch im japanischen Restaurant gegenüber, den ich ein wenig ausfrage über Sushi, Sashimi, Nigiri und Maki. Er fragt mich wo ich herkomme und wo ich hinwill. Als ich „Japan“ sage und „Okinawa“ wird er still, lächelt, geht weg, kommt wieder, spricht sichtlich bewegt. Er ist auf Okinawa geboren und aufgewachsen, bevor er mit den Eltern nach L.A. zog. Seine Grosseltern leben noch auf Okinawa. Er müsse … nein wolle!! … mal wieder gehen … nach Okinawa … aber die Arbeit!!
Dann widmet er sich wieder seiner Arbeit, notiert fleissig Sachen auf einen Zettel, wirft ihn weg, schreibt einen Neuen. 
Ganz unerwartet lächelt er mich an, reicht mir den Zettel … er habe gesehen was ich gern esse und ich solle dem Koch auf Okinawa den Zettel zeigen … und diese Blätter an denen ich gerochen hätte und die ein "oh" mit meinem Mund gemacht hätten, die hiessen „Shiso“.

Der Mann hinterm Tresen im Café leiht mir ein Glas für ins Hotelzimmer, damit ich den Whiskey nicht aus einem Plastikbecher trinken muss. Ich solle ihm das Glas wieder bringen „I trust You“ sagt er noch und lächelt.

Es bleibt sicher Eines … von all diesen Reisen, dass nicht vergilben wird:
Das Wissen, dass es rund um die ganze Erde echt richtig nette Menschen gibt und, 
dass wir alle leicht verletzbar sind.












geschrieben und gepostet am 4. Juni 2018 17:38h 
im Café des "Panama Hotel" in Seattle, 
Mit einer halben Flasche "Blue Moon" Belgian White Beer.

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