Dienstag, 20. Juni 2017

Resisting

Ich solle ein Buch schreiben.
Sagt mir der eine oder andere Leser,  hin und wieder.

"… über was??"  frag ich.

Das Leben besteht aus Momenten … 
die Götter mögen mich bewahren davor, es als konsistente Erzählung verstehen zu müssen.




Zehn Jahre hab ich Architektur studiert, die Regelstudienzeit war damals vier Jahre.
Ich gebe zu ich hab mich rumgetrieben, hab mir Zeit gelassen, hab mich vor dem Erwachsenwerden gedrückt, so lange es ging.
Ich habe gearbeitet um mir diesen Freiraum zu finanzieren als Rowdy, als Bühnenarbeiter, als Innenausbauer, Taxifahrer, Tischler, Werftarbeiter, Fensterbauer, Hilfskoch, Barmann, Kellner und bekam ein wenig Geld von den Eltern. Wohnte in einer Wohnung ohne Bad und Heizung und meine Liebste lebte 300Km entfernt.

Ich arbeitete wohl mehr als jeder der in einem festen Beruf steht … aber mir schien das immer noch sicherer als die Verantwortung des Erwachsenseins zu übernehmen. 
Ich hatte abgrundtiefe, furchtbare Ängste davor.
Ich lebte in einer gigantische Seifenblase, die ich um mich herum aufblies, die meine ganze Kraft kostete um ihre Lecks zu dichten und den Innendruck aufrecht zu erhalten.

… zum Glück war ich klug genug, all dies zu bemerken und mich selber damit nicht allein zu lassen.

So probierte ich Dies und Das um einen Weg zu finden.

Ich erinnere mich an eine Serie von Workshops, die ich machte zum Thema „Dehypnose“ … egal … muss niemand verstehen … jedenfalls: 
... jeden Morgen machten wir die „Dynamische“ was eine Meditation ist, die aus vier Teilen besteht.(1)
  1. Schreien und Schlagen
  2. Springen
  3. Tanzen
  4. Liegen
Eine Woche lang, jeden Morgen, VOR dem Frühstück.
Schreien und Schlagen … viel mir schwer … um die Zeit … fällt es wohl 95% aller Menschen schwer, man hat so seine Widerstände vor dem 1. Kafi.
Springen … war mühsam, wir hüpften 20 Min. auf der Stelle und die Beine taten weh und es war albern, gegen Albernheiten vor dem 1. Kafi … hab ich auch so meine Vorbehalte.
Tanzen … war O.K. 
Liegen … war prima!

Nach ein paar Tagen mit viel Körperarbeit und Gruppenerlebnissen wuchs ich in etwas hinein … man kann es vielleicht als eine Haltung von entspannter Gleichgültigkeit beschreiben.
Kein böses „Ich-Scheiss-Drauf“ kein Kadavergehorsam, keine „Is-Ja-Bald-Vorbei“ Haltung.
"Nöp!"  … es war einfach zu mühsam diese dämlichen  Widerstände mit mir rum zu schleppen … zusätzlich zu dem Geschrei, dem Hüpfen und den Begegnungen mit mir selber und den Anderen. 

Also ging ich dann am Samstag der Woche etwas belustigt ob der wiederkehrenden Torture und etwas gedankenlos wegen der Unausweichlichkeit des Ganzen, zur „Dynamischen“, stellt mich mitten in den Raum brüllte drauf los, prügelte auf ein Kissen ein, kriegte einen Lachkrampf.

Lachen war offenbar O.K. … die Gruppenleiter liessen mich lachen, mussten selber auch lachen.
Als das Hüpfen kam, war ich mit Lachen fertig, sprang hoch und runter, hatte aus dem grad ausgelebten Lachen heraus irgendwie Spass an dem Rumgetobe. Nach ein paar Minuten, in denen meine Laune mir erhalten blieb, merkte ich, dass das Hüpfen nicht so mühsam war wie sonst. Ich liess mich auf diese Mühelosigkeit ein. 
Dann passierte es … ich tat NICHTS mehr, ich spannte keinen Muskel, ich nahm keine Schwung, ich überliess mein Körper einfach der Bewegung … ich wusste was passierte … hütete mich jedoch zu denken … gab mich endlos hin … 20 Minuten lang ohne jede Anstrengung ohne Schwitzen ohne Widerstände … ohne Gedanken … ich sprang … ES sprang mich.

Genau so ist das beim Schreiben … ich will nichts … ich denke kaum … ich hüte mich zu denken … ich lass es fliessen.
Ich schreibe nicht, primär damit es jemand liest, ich schreibe nicht um ein Buch zu schreiben, ich schreibe nicht, um etwas im Aussen zu bewirken, ich will damit weder Geld verdienen (das bitte bloss nicht!!) noch um Anerkennung zu bekommen (das schon eher … JA … das lässt tief blicken? ... findet jemand? > Klugscheisser!)
Eigentlich schreibe ICH gar nicht!   ... denn: …. ES schreibt mich.


Stanislaw Lem  … in einem Interview danach gefragt, sagte, Schreiben sei, wie die Toilette abspülen.
Man zieht einmal, dann passiert der Rest von ganz allein … 

JEP!!! „thats the way it works“









So will ich den Kreis dieser Geschichte schliessen.
Die zehn Jahre Studium und die anschliessenden zehn Jahre im knallharten Job als Architekt haben mich gelehrt, was eine Form ist und vor allem was KEINE Form ist. Ich lernte zu zeichnen, auszudrücken was notwenig ist, was ich will und was nicht. 

Mein ArchitekturProf hörte sich, als ihm einmal ein Entwurf vorgestellt wurde, in aller Ruhe die Erklärung des Entwerfers an. Er fragte nach, über Dies und Das, kritisierte. Die Antwort des Studenten auf eine besonders saftige Kritik war, das sei so gewollte von ihm und darum gerechtfertigt.
Der Prof gab ihm zurück: „Dann weisst Du noch nicht was Du willst"

So geht es einerseits um das Loslassen, das Fliessenlassen. 
Aber es braucht auch Klarheit und einen präzisen, reflektierten, zielgerichteten Willen.

So lasse ich es laufen, das Schreiben, übergebe dem ES das Ruder, manchmal bin ich auch besoffen wenn ich schreibe.
Nachher oder am nächsten Morgen sitze ich dann und ordne nochmals meine Gedanken und frage mich … was will ich eigentlich sagen, um was geht es mir? 
Bastle die Gedankenfetzen der Nacht zuvor zusammen zu einer Geschichte, die einen Kreis um etwas zieht.

Die Mitte des Kreises werde ich wohl nie finden, aber das kann auch nicht meine Absicht sein(2) … ich nähere mich ihr an, bis auf eine Distanz die einerseits eine gewisse Bildschärfe erlaubt und doch den Blick frei lässt auf eine andere Interpretation … Morgen vielleicht.

Besser gehts nicht … denn letztlich bin ich Dilettant.
Aber immerhin … ein Dilettant ohne Widerstände!

Fußnoten 
(1) 
... so weit meine Erinnerung mich nicht trügt.
(2) 
Der Sinn ist ewig ohne Machen,
und nichts bleibt ungemacht.
Wenn Fürsten und Könige ihn zu wahren verstehen,
so werden alle Dinge sich von selber gestalten.
Gestalten sie sich und es erheben sich die Begierden,
so würde ich sie bannen durch namenlose Einfalt.
Namenlose Einfalt bewirkt Wunschlosigkeit.
Wunschlosigkeit macht still, 
und die Welt wird von selber recht.
Aus dem Tao Te King von Lao Tse




Ravensburg, 19. Juni 2017


Samstag, 17. Juni 2017

Jumping

R.T. MacCall
Neil Armstrong 

ist 1969 zum Mond geflogen.
dort aus seinem Raumschiff ausgestiegen, hat umhergeschaut, ein paar Steine gesammelt und sich dann auf den Rückweg gemacht. 

Ich war damals 11 Jahre alt, mit meinen Eltern in Tirol in den Ferien und sah ihm dabei zu. 

Damals wurde mir klar, dass da oben keinen Gott gibt, keine Engel, keine himmlischen Heerscharen. 

In jenen Tagen lag ich auf einer Wiese, schaute in diesen Himmel und begann zu vermuten, dass es, dann wohl auch keinen Jesus gäbe, der neben dem Thron seines Vaters auf einem etwas kleineren Stühlchen hockte und es dann wohl auch keine Hölle gäbe in die ich fürchteten müsste hinab zu fahren.



Ich begann zu verstehen, dass ein grosser Teil der erwachsen Menschen entweder log oder einfach furchtbar blöd war.

Tatsächlich ist es so, dass ich in den letzten sechs Jahrzehnten viele kluge und noch mehr dumme Menschen kennen gelernt habe. Aber so klug sie auch sein mögen (auf die Dummen komme ich noch zu sprechen) beinahe jeder von ihnen war doch mindestens in einem Winkel seines Seins durchgeknallt. 

Der Eine jagt dem Geld nach, in der irren Annahme, dass eine Villa mit grossen Fenstern hoch oben über einem See ihn glücklich machen würde. 

Der Andere jagte den Weibern nach, weil er ganz sicher ist, irgendwann die Richtige zu finden oder dass doch zumindest ein guter Bums dabei rausschaut. 

Der Dritte betet um sein Seelenheil was das Zeug hält, in dem eifrigen Glauben, nach dem Tode in den Himmel zu kommen, obwohl er doch auch von Neil Armstrongs erhellender Reise gehört haben musste. 

Dann gibt es noch Jene, die Sport treiben, denn sie wollen nicht in den Himmel, nein, sie wollen nicht mal sterben und ackern sich ab, um den Tag des Todes so lange als möglich fern zu halten.


Einzelfälle? 
Nö … na ja, vielleicht.

Richtig ist, die meisten arbeiteten sich langsam und unglücklich auf die Rente zu, fristen ein eher trostloses  Dasein zwischen den tapezierten Wänden ihrer Wohnung oder denen des mühsam zusammengesparten Häuschens, mit einer moderat geliebten Partnerin und viel Fernsehen und genügend Alkohol. 
Ein paar Jahre bis zur Pensionierung, dann kommt die grosse Freiheit oder viel zu früh das letzte Stündlein. Aus die Maus, vorbei der Brei. 

Grosses Geheule, geflehe zum Himmel um bloss nicht so bald dort hin zu kommen … ... aber, das hatten wir ja bereits geklärt!!

… Chemotherapie, Siechtum, Bedauern, Erkenntnisse über das Leben in letzter Minute:
 „Wofür das Alles? … die viele Arbeit, der unerfüllte Sex im Ehebett … das bisschen Leben dazwischen, zwei Wochen Teutoburger Wald pro Jahr … oder später dann Madeira … dort waren die Menschen so entspannt.“ 
Punkt.

Wo wir nun grad beim Thema „Tod“ waren, fand ich dazu bei Twitter Folgendes:
"Wenn jemand stirbt, dann ist das für ihn nicht schlimm, 
denn er ist ja tot.
Schlimm ist es nur für die Anderen, 
seine Familie und seine Freunde.
Wenn jemand dumm ist, dann ist das im Prinzip genau so."
Das mag man nun für etwas sehr überheblich halten, denn es  gibt ja mehre Sorten von Dummen und manche von ihnen wissen ja vielleicht -wie ich!- dass sie dumm sind und leiden darunter.

Brigittchen zum Beispiel, war, was die Kraft bei der Vernetzung ihrer Gedanken betraf, etwas kapriziös. 
Sie hüpfte von schlichten Eingebungen zur nächstgelegenen Vermutung und balancierte dann über ein schmales Brett zu zusammenhangslosen Konsequenzen … was ja O.K. ist, hätte sie nicht dem Drang nachgegeben, dies fast unausgesetzt ihrer Umgebung kommunizieren müssen.

Aber, sie schaffte es mit Saufen aufzuhören, sie schaffte die Ausbildung zu Frisöse und verdiente genug Geld um ein recht sorgenfreies Leben zu führen. 
Vom ersten Gehalt lud sie mich festlich zum Essen ein und ihr unglaublich schöner Mund lächelte den ganzen Abend glücklich darüber, dass sie mir ein andere Freude machen konnte als jene die sie mir beim Sex machte. 

Und, das darf nicht unerwähnt bleiben, sie konnte trösten wie kein anderer Mensch, den ich je kannte. Wenn es mir schlecht ging und das war in jenen Tagen öfter der Fall, hielt sie mich in den Armen und fand immer die richtigen Worte. 
Sie machte sich nie vor, sie sei klug, sie nahm sich selber wie sie war. Ich vermute, ihre Kraft kam viel von genau dort.
Sie machte sich nicht viele Gedanken, meine ich, sie liebte einfach und von Herzen und genau von dort kamen diese Worte. Sie war dumm genug, mich so  sehr lieben zu können. 
Das ist einer meiner Gedanken über dumme Menschen, den ich jedoch eher zur ehrlichen Ehre Brigittchens hier aufgeschrieben habe. 
Ich war übrigens dumm genug sie zu verlassen.

Was, fragt sich der inzwischen moderat entrüstete Leser, will er uns nun damit erzählen?
Dass es Dumme gibt und Lügner?
Das wussten wir schon!

Nö! das ist es nicht.
Es ist schlicht die erschreckende Tatsache, wie flächendeckend das Phänomen ist, wie sehr alle in ihrer Hypnose gefangen sind.

Mir wird diese Menschheit jeden Tag ein wenig fremder ... 
... täglich dem "Eigentlichen" des Seins gegenüber stehend, verliere ich wohl irgendwie die Dimension des Mitmachen Wollens in diesem grossen Kinder-Kaufmannsladen.

Ich kanns nicht mehr nachvollziehen ...
... aber vielleicht ... 
... bin ich auch einfach zu dumm dazu!

Zu den richtig Dummen komme ich dann  ein andermal ... derzeitige Arbeitstitel:

Neulich in der Migros und die Angst über Ostern zu verhungern
oder
Warum Erdogan und Trump keine guten Opas sein können.


Luzern, Samstag, 17. Juni 2017

Donnerstag, 15. Juni 2017

Doging

Ich finde ja, Kinder sollten mit Hunden zusammen aufwachsen.

Gut … na ja … ich finde auch Kinder sollten nicht in Hochhäusern aufwachsen, sondern irgendwo im Wald oder der Steppe oder den Bergen oder am Wasser … egal wo … Hauptsache nicht in Betonkästen.




Was ich eigentlich hier erzählen wollte ist, dass ich mir als Kind von unserem Hund (so einer wie oben im Bild) `ne Menge nützliches Zeug abgeguckt hab.
Noch heute neige ich dazu, wenn mich irgendwas langweilt, den Blick abzuwenden und schaue dann, wenn immer möglich, nach draussen … jedes Blatt, dass sich im Wind bewegt ist spannender als so einige selbstverliebte, inkompetente Zeitgenossen.

Wenn ich was rieche, dann schnüffle ich regelrecht, ziehe die Luft ruckweise ein, blase sie heftig wieder aus und und drehe den Kopf  in alle Richtungen, bis ich weiss was es ist.

Oder … ich leg mich einfach irgendwo hin, und schlafe. 
Nebenbei bemerkt … ich schlafe nie so tief und entspannt wie neben einem Hund.
Die wissen wie man schläft … da kann ihnen niemand was vormachen.

Was das Essen betrifft, hab ich auch die hündischen Gewohnheiten übernommen … wenn was da ist, dann esse ich es, wenn nix da ist, dann esse ich halt nicht.
Das Problem ist, dass ich den Kühlschrank aufmachen kann, eine Fähigkeit, um die mich jeder Hund beneidet. 
Es kann ihnen also nicht passieren, dass sie … und JA!! … wie mir manchmal … den Kühlschrank leerfressen.

Natürlich, wenn man sich wie`n Hund benimmt, wird man schnell mal auch wie einer behandelt. 
Zum Glück bin ich jedoch bissig genug mich zu wehren.
Eine ehemalige Freundin hat sich immer aufgeregt, wenn ich den Hunden "Hallo" sagte und nicht den Herrchen und Frauchen ...

... ach ... egal!
… ich schweife ab … 
... in dieser Geschichte gehts um was ganz Anderes:

Es war heute so etwa 04:00h am Morgen, als mir die Sicherung rausgeflogen … also … ich meine die draussen im Treppenhaus im Sicherungskasten, vor dem meine Nachbarn ganz geschickt ihren Schuhschrank aufgebaut haben (*knurrt*)

Es ist Feiertag und alle ausser mir schliefen noch. So stand ich eine Weile in Unterwäsche in meiner halb geöffneten Etagentüre , kratzte mich am Kopf und versuchte zu entscheiden, ob ich mal mit Schuhschrankrücken anfange.
Da meine Nachbarnsfrau aber zu hysterischen Schreiereien neigt und ich das um die Zeit noch nicht vertrage, klappte ich die Türe wieder zu und die Sicherung blieb ungewechselt.

Den Kafi hatte ich zum Glück schon fertig, als der Strom wegging. (*wedel*)
So trollte ich mich mit meiner Tasse vor den Computer und wollte ein wenig surfen und Mails lesen und so … … 
… DICKES FETTES HÜHNERKACKA … 
nix war damit … 
der Router war, na klar!!  … 
auch ohne Strom!

Ich war abgeschnitten vom Internet, kein Fernseher, kein Radio, kein Telefon …
Herr Trump, Theresa May und das brennende Hochhaus in London waren plötzlich sehr weit weg.
Etwas umfing mich wie eine warme, schützende Hülle … etwas Liebevolles, Erholsames, Gnädiges … 

Draussen zeigte das allererste Tageslicht ganz schwach die Silhouette der Berge.
Es war still … ein paar Vögel quatschten miteinander im Baum hinterm Haus über Dies und Das.
So weit ich das verstand, gings um irgendwelche aerodynamische Details … 

Weit weg dröhnte der Motor eines Mofas … so schwach, dass die Vögel es übertönten, ich war also doch nicht der einzige Mensch an diesem frühen Morgen.

Ich setzte mich in den Liegestuhl vor der Balkontüre.
War gefesselt vom aufsteigenden Tag 
… alles life und in Echtzeit …

Ich kuschelte mich in das wohlige Nichtwissen, das Losgelöste vom Treiben der Welt jenseits vom Baum unten im Garten, es duftete nach Erde …

... nach einer Weile war mein rechter Arm irgendwie im Liegestuhlgestell eingekeilt. Er war, genau wie ich, eingeschlafen. Also zog ich ihn träge an mich, legte ihn mir auf die Brust, merkte dabei, dass ich auf mein T-Shirt gesabbert hatte und dachte an unseren Hund.

Jetzt wirds aber Zeit den Schuhschrank zu schieben und die Sicherung zu wechseln.
Zeit auch für mein Fresserchen und ich sollte mal Gassi gehen.



„Wuff … „



P.S. Mein chinesisches Sternzeichen ist ...?
Wer`s rauskriegt, der bekommt wahlweise `ne Dose Bier oder `ne Dose ...
... und Klugscheisser kriegen gar nix!






Luzern, Donnerstag, 15. Juni

Samstag, 3. Juni 2017

Amazing

Warum ich reise und was ich suche … da draussen allein und dann noch grad in der Wüste, da is doch nix!

Dust Devil in der Wüste von Nevada
Eigentlich hat alles vor 35 Jahren auf einer Sanddüne, auf einer Insel in der Nordsee begonnen.

Ich hatte gekifft und gesoffen und war offenbar einfach losgelaufen. Irgendwo legte ich mich hin oder fiel um.
Das Glück war auf meiner Seite, denn es war Sommer und ich schlief wohlbehütet und erwachte tief in der Nacht.
Auf dem Rücken liegend schaute ich in den Sternenhimmel und war überwältigt, die Tränen kamen mir ich heulte vor Ergriffen sein.
Mit meinem vergifteten Hirn konnte ich nicht mehr so recht das Oben und Unten unterscheiden und in einer unvermittelten Täuschung, schien mir, als sei der Nachthimmel unten und ich würde jetzt in diese schwarze Unendlichkeit hinabstürzen. Ich schrie vor Angst und Schrecken, suchte mit den Händen nach einem Halt, 

fand nur ein Büschel Strandhafer, den ich in meiner Panik ausrisse. Der Sand streute über mein Gesicht, 
in meine Nase und Mund und Augen. 
Das brachte mich im allerwahrsten Sinne des Wortes wieder auf die Erde.

Von dieser Nacht an war ich lieber Draussen als Drinnen. Ich wollte wandern um die Einsamkeit zu suchen, die Ruhe, den Himmel, die Sonne, den Mond und … natürlich … die Sterne.

Von der Natur lernen“ da ist so ein dämlicher Ausdruck, der in mir lange Jahre bestenfalls Verachtung erzeugte. Denn ich wehrte mich gegen das Glück draussen zu sein, verbrachte meine Zeit lieber mit Frauen, Fressen, Fernsehen und Arbeit und Nichtstun.

Das änderte sich vor ein paar Jahren, an einem der letzten heissen Tage eines frühen Herbstes. Ich machte mich auf, zu einer Wanderung am Doubs entlang
. Mein Lunchpäckchen hatte ich daheim vergessen und so bekam ich nach ein paar Stunden Laufen Hunger und mir wurde etwas schwindlig.
Aber wie das im Herbst so ist, überall stand oder hing was zum Essen an den Bäumen und Büschen. Besonders die prallen, schwarzen Brombeeren gefielen mir. Mit ein paar Kratzern an den Fingern und einer Handvoll Beeren bin ich zum Wasser, hab sie gewaschen und gegessen. Nach nur ein paar Minuten war all der Schwindel weg und die Müdigkeit und der Hunger sowieso.
Niemand war zu sehen, der Doubs wirkte verführerisch und erfrischend. Ich zog mir die Kleider aus und liess mich in den Fluss gleiten. Es war so herrlich kühl und duftete nach Wasser. Ich tauchte unter, genoss die paar Sekunden die Unterwassergeräusche, die sich wie schwere Würfel auf einer mit Filz bezogenen Steinplatte anhörten. Tauche wieder auf und sah, dass ich abgetrieben war.
Gegen die Strömung schwimmen ging nicht so recht, kostete enorme Kraft. Also klettere ich zwischen ein paar Büschen an Land und ging nackt zu meinen Kleidern zurück.

Lange lag ich im Gras am Ufer, hörte dem Fluss zu. Ich dachte Nichts, ich wollte Nichts.
… ein paar Augenblicke in einer Ewigkeit verbunden mit der Realität jenseits von Geld und Stress und anderen repressiven Strukturen.


In diesen Momenten wusste ich, dass ich reisen wollte.

Ein anderes Mal, dass ich so aufging in Etwas war irgendwo in der Wüste von Nevada.
Auf einer dieser langen, graden Strassen, die sich am Horizont verlieren. Links tanzten zwei Dust Devils miteinander und vor mir lag ein dunkeles Gebirge, zur anderen Seite erstreckte sich so weit ich schauen konnte die Wüste und über mir der endlose Himmel.

Ich stieg aus dem Auto, setzte mich in seinen Schatten in den Sand und lauschte. 

Keine Zivilisationsgeräusche, nur der Wind, die Hitze und die Kargheit und Einsamkeit. So muss sich wohl ein Gläubiger in einer Kirche, Moschee oder Synagoge fühlen. 
Ich war so andächtig, dass ich erst ganz still wurde, fast den Atem anhielt. Dann musste ich plötzlich laut lachen ob des geschäftigen Treibens der Menschlein ... dann liefen mir ... mal wieder ... die Tränen.
Sie kamen mir alle vor wie Kinder, die einen von diesen SpielzeugLäden zu Weihnachten bekommen haben und sich nun gegenseitig mit ernsten Gesichtern irgendwelche Dinge verkaufen.

Das Reisen verändert meine Wahrnehmung der Welt ...
Das ist wohl was ich suche ...
... letztlich wohl mich selber ... nehme ich an.



Luzern, 3. Juni 2017